Didaktischer Kommentar: Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung
Wahrscheinlichkeit – ein Wechselspiel zwischen Intuition und Mathematik…
…doch gerade hier lässt uns unsere Intuition oft im Stich! Wer würde nicht behaupten, dass nach einer Serie von 15 Mal "Rot" beim Roulett nun "Schwarz" viel wahrscheinlicher wäre oder dass das Lottoergebnis "1, 2, 3, 4, 5, 6" völlig unwahrscheinlich ist. (Ganz ehrlich - wie oft haben Sie diese Kombination schon getippt?)
Aber auch große Mathematiker ließen sich in die Irre führen. Der Lernpfad führt von den Anfängen im Jahr 1654 (Fragen des Chevalier de Méré an Blaise Pascal) über das heute noch manchmal diskutierte Ziegenproblem zu den Grundlagen der Stochastik und lassen einen etwas anderen Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung erleben.
Kurzinformation |
|
Schulstufe |
10. bzw. 11. Schulstufe (AHS) 13. Schulstufe (BHS) |
Dauer |
6 Stunden |
Unterrichtsfächer |
Mathematik |
Verwendete Medien |
Java-Applets, Dynamische Geometrie Software (DGS), Tabellenkalkulation |
Technische Voraussetzungen |
Java, Internet, Adobe Reader |
AutorInnen |
Gabriele Jauck, Gabriele Bleier, Markus Hohenwarter |
Voraussetzungen
Lerninhalte
und Lernziele
Lerninhalt |
Lernziel |
Historische Begründung der Wahrscheinlichkeitsrechnung |
Vermittlung von Grundwissen zur geschichtlichen Entwicklung der Mathematik, Argumentieren und Begründen in mathematischen Diskussionen |
Das Ziegenproblem |
Unter Einbeziehung von Texten aus Zeitschriften und Online-Artikeln sollen intuitive Lösungsansätze diskutiert werden. |
Von der Intuition zur Mathematik |
Kennenlernen von Fachausdrücken und mathematisch korrekter Schreibweise, Kennenlernen des Begriffs Zufallsversuch |
Asteroiden, Pferderennen und ein GAU |
Wahrscheinlichkeit als Maß für subjektives Empfinden erfahren, Kennenlernen der Problematik des Wahrscheinlichkeitsbegriffs |
Relative Häufigkeiten |
Wahrscheinlichkeit als relative Häufigkeit, wobei Erfahrungswerte aus vorliegenden Statistiken oder selbst durchgeführten Zufallsversuchen stammen. |
Laplace Wahrscheinlichkeit |
Ermitteln von Wahrscheinlichkeiten von Zufallsgeräten aufgrund der Symmetrie, Kennenlernen der Wahrscheinlichkeitsdefinition nach Laplace |
Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten |
Aus gegebenen Grundwahrscheinlichkeiten die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ausgangs eines mehrstufigen Zufallsversuchs berechnen, Darstellen der Situation mit Hilfe von Baumdiagrammen |
Additionsregel und Multiplikationsregel |
Multiplikationsregel und Additionsregel kennenlernen und in Baumdiagrammen anwenden (Beschränkung auf unvereinbare Ereignisse) |
Lösung
der Einstiegsbei- |
Anwenden des Gelernten auf die Fragen von de Méré und auf das Ziegenproblem |
Wissenstest |
Festigung der Lernziele |
Didaktischer Hintergrund
Dieser Lernpfad lässt die Schüler/innen vorerst experimentieren und Erfahrungen sammeln, ohne die korrekten Antworten zu präsentieren. Die Schüler/innen sollen über ihren Lösungsweg nachdenken, ihre Vorgehensweise begründen können (auch wenn diese falsch wäre) und Argumente für ihre Thesen für die Diskussion mit Klassenkolleg/innen finden. Erst danach werden mathematische Fachausdrücke und exakte Schreibweisen eingeführt, wobei die Kombinatorik vollständig ausgeklammert wird. Alle angeführten Beispiele lassen sich durch Baumdiagramme darstellen und mit Hilfe der Multiplikationsregel und Additionsregel berechnen. Die methodische Umsetzung kann als reine E-Learning-Sequenz, mit Hilfe von Lernspiralen, mit Hilfe eines Themenplans oder mit Hilfe von Lerntagebuch erfolgen. Auch ein Portfolio ist denkbar. Nähere Informationen und konkrete Vorschläge zur methodischen Umsetzung finden sich in den weiteren begleitenden Materialien.
Genderaspekte
Im Lernpfad wurde versucht die Inhalte
und Materialien genderbewusst zu gestalten.
Während des Lernpfades werden
mathematische Inhalte durch interaktive Übungen erarbeitet, die
durch den hohen Experimentieranteil sowohl Mädchen als auch Burschen
animieren sollen. Durch das Zusammenspiel von Bildbeispielen und
Interaktivität wurden die abstrakten Modelle alltagsverständlich
heruntergebrochen.
Es wurde versucht, dass Beispiele im
„mittleren Raum“ gestaltet werden, dh. sowohl Jungen und Mädchen
interessieren (z.B. Münzwurf, Glücksrad, Geburtstagsproblem).
Durch unterschiedliche Lernprozesse
wie zum Beispiel kooperatives und integratives Lernen werden wiederum
beide Geschlechter gleichermaßen angesprochen.
Kompetenzen
Bei den aufgezählten Kompetenzen wird jeweils am Ende in Klammer auf die entsprechenden Abschnitte im Lernpfad verwiesen.
Interpretieren
Rechnen,
Operieren
Darstellen, Modellieren
Begriff und Zweck von Stichproben der relativen Häufigkeiten (empirisches Gesetz der großen Zahlen) in ihrer für die Wahrscheinlichkeitsrechnung grundlegenden Bedeutung erklären können. (Intuition-Mathematik: Rel. Häufigkeit (Gesetz der großen Zahlen))
Bei
den hier angeführten Punkten handelt es sich nur um eine Auswahl
von
einigen wichtigen Kompetenzen im Zusammenhang mit der
Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Einsatz
im Unterricht Computer
mit Internetzugang sind für ein sinnvolles Arbeiten mit
diesem Lernpfad Voraussetzung, allerdings ist es nicht notwendig, dass
jedem
Schüler/jeder Schülerin ein eigener PC zur Verfügung steht.
Diskussionen
untereinander sind gewünscht und entstehen leichter, wenn in Gruppen
oder
paarweise gearbeitet wird. Kombination
der Medien In
dem vorliegenden Lernpfad wird versucht, durch den Einsatz von
interaktiven Internetseiten, der Software GeoGebra und einer
Tabellenkalkulation das forschende Lernen der Schüler/innen zu fördern.
Die neu
gewonnenen Erkenntnisse sollen im Anschluss daran durch händisches
Rechnen im traditionellen Sinn vertieft und gefestigt werden. Im
Lernpfad
selbst sind nur wenige Aufgabenstellungen zu finden, sie dienen meist
der
Veranschaulichung der Theorie. Vertiefende Übungsbeispiele sind in
allen
Lehrbüchern für diese Schulstufen in ausreichendem Maß zu finden. Lernmedien
der Schüler/innen Die
Schüler/innen arbeiten mit
diesem Lernpfad nicht nur am Computer. Auch Versuche
mit ein bis zwei
Würfeln sowie Reißnägeln und Münzen sind vorgesehen. Sie
sollen ihre
Ergebnisse auch in ihren Heften festhalten - so kann eine Art
Lerntagebuch zur
Wahrscheinlichkeitsrechnung entstehen. Leistungsbeurteilung Die
Ergebnisse der Schüler/innen sollten als Basis für
Diskussionen und Zusammenfassungen in der Klasse verwendet werden.
Dabei können
Sie die Mitarbeit der einzelnen
Schüler/innen bewerten. Weitere
Möglichkeiten zur Leistungsbeurteilung sind das Absammeln der Hefte,
entsprechende Schularbeitsbeispiele, Hausübungsbeispiele in einer
Lernplattform
oder auch kurze Prüfungsgespräche. Die
Leistungsbeurteilung hängt natürlich sehr stark davon ab, wie Sie
den Lernpfad im Unterricht einsetzen. Vom Aufbau und
der Grundidee
her ist er als alternativer Einstieg in die Wahrscheinlichkeitsrechnung
gedacht, der vor allem Interesse und Neugier wecken soll. Daher sind
die
Inhalte nur in sehr beschränktem Maß für eine direkte
Leistungsbeurteilung
geeignet. Fachliche
Anmerkungen zum Begriff der Gleichwahrscheinlichkeit Für
die Laplace-Wahrscheinlichkeit ist unbedingt der
Modellcharakter zu betonen. Sie gilt nur bei idealen Glücksspielgeräten
(L-Würfel etc.). Diese sind ein MODELL. Bei Versuchen mit realen
Würfeln etc.
bekommt man mit Hilfe der L-Wahrscheinlichkeit nur dann für die
Wirklichkeit
brauchbare Ergebnisse, wenn bei langen Versuchsserien die relative
Häufigkeit
der L-Wahrscheinlichkeit nahe kommt. Beim Ziehen von Karten, beim
Würfeln mit
Würfeln, beim Ziehen aus der Urne muss daher zunächst immer gut
durchgemischt
werden, damit die Voraussetzung für eine L-Wahrscheinlichkeit möglichst
gut
erfüllt ist. Gleichwahrscheinlichkeit
aus der Symmetrie der Spielgeräte
allein abzuleiten ist unzureichend, da verschiedene Ursachen diese
Modellannahme stören können. So wurde vor einigen Jahren das (natürlich
symmetrische) Roulette im Casino Baden von Dr. Neuwirth (Universität
Wien)
untersucht. Die festgestellten Ergebnisse zeigten, dass die Annahme der
Gleichwahrscheinlichkeit nicht mehr stimmte. Der Schusskanal für die
Spielkugel
hatte sich verändert. Daher müssen Glücksspielgeräte ständig gewartet
werden,
damit sie die Modellvoraussetzungen einigermaßen erfüllen. Festgelegte
Grenzwerte lassen nur bestimmte Schwankungsbreiten zu.
Falls möglich, ist eine Blockung des Unterrichts auf Doppelstunden
sicher
hilfreich.